Berichte aus der PraxisMehrere Mäuse, ein PC

Kentaro Toyama

Das moderne Indien ist ein Land der Gegensätze. Einerseits ist es eine IT-Supermacht mit gut ausgebildeten Arbeitskräften, die Technologien für den weltweiten Bedarf entwickeln. Andererseits leben 70 Prozent der Bevölkerung immer noch von weniger als 2 $ pro Tag. Diese Gegensätze treffen im sporadisch stattfindenden Computerunterricht an staatlichen Schulen in ärmeren Gegenden aufeinander, in denen sich höchstens eine Handvoll von PCs finden. Diese Computer wurden meist gespendet, da die Schulen selbst keine Mittel für eine solche Anschaffung haben.

In einer solchen Umgebung gibt es fast immer mehr Schüler als Computer. Es ist ein alltägliches Szenario, dass Gruppen bis zu zehn Kindern sich um einen PC drängen und dass dabei oft der Stärkste das Sagen hat. Selbstverständlich steht das „Persönliche“ am Personal Computer dafür, dass PCs für die Nutzung durch Einzelpersonen entworfen wurden. Microsoft Research India hat sich die Frage gestellt, wie einer größeren Anzahl von Kindern der Zugriff auf einen Computer ermöglicht werden kann.

Die Lösung war erstaunlich einfach: Mit MultiPointTM können nämlich mehrere USB-Mäuse an einen Computer angeschlossen werden, sodass jede Maus einem farblich unterschiedlichen Cursor auf dem Bildschirm entspricht (research.microsoft.com/users/udaip/multipoint.htm). Dadurch wird praktisch wie bei einer Spielekonsole eine Mehrbenutzerumgebung geschaffen, sodass Lernsoftware, die für das Mehrmausmodell geschrieben wurde, vielen Kindern gleichzeitig ermöglicht, mit einem PC zu interagieren.

Junge Schüler fanden sofort Gefallen am neuen Modell, auch wenn die Erwachsenen Bedenken hatten, dass dies zu einem totalen Chaos am Bildschirm führen würde. In rigorosen Studien mit Schülern der 7. Klasse, in der MultiPoint-PC-Konfigurationen für fünf Personen mit Einzelcomputerkonfigurationen für einen Schüler verglichen wurden, stellten die Forscher mehrere Fakten fest. Erstens haben sich die Kinder viel länger mit dem PC und miteinander beschäftigt, wenn ihnen der Zugriff auf eine Maus ermöglicht wurde, was vermutlich im zusätzlichen Spaßfaktor begründet ist. Zweitens ist es wichtig, Softwareanwendungen zu entwerfen, die die Zusammenarbeit und nicht offenen Wettbewerb fördern. Andernfalls würde das Verhalten einiger Kinder, insbesondere der Jungen, sich rückläufig zu einem erzieherisch nicht sehr ergiebigen Wettbewerb im schnellen Zucken mit der Maus entwickeln. Abschließend wurde Folgendes festgestellt: Wenn Zusammenarbeit in die Software integriert wurde, lernten die Schüler in einer MultiPoint-Anwendung genauso viel wie an einem PC mit Einzelbenutzung, zumindest was einfache Vokabellernübungen angeht. Weitere Informationen zur Forschung sind über den oben angegebenen MultiPoint-Link verfügbar.

Beim Großeinkauf kosten Mäuse jeweils nur einige Dollar. Durch die Bereitstellung von MultiPoint-Lernanwendungen in Schulen können die Computernutzungskosten pro Kind somit deutlich reduziert werden. Zum Beispiel kommt ein 500 $-PC, der von fünf Schülern mit 5 $-Mäusen gemeinsam verwendet wird, auf 105 $ pro Kind. Diese Reduzierung der Pro-Kopf-Kosten wird bei der Finanzierung von Bildung und Ausbildung äußerst willkommen geheißen.

Bei Microsoft haben die Gruppen „Unlimited Potential“ (microsoft.com/unlimitedpotential) und „Education“ (microsoft.com/education) den Wert von MultiPoint für Schulen mit knappen Ressourcen erkannt. Um eine schnelle und weit verbreitete Akzeptanz zu erleichtern, wurde ein Softwareentwicklungskit herausgegeben, das Entwicklern von Lerninhalten ermöglicht, dieses Mehrmausmodell in ihren C#-Anwendungen problemlos zu integrieren. Das SDK kann kostenlos heruntergeladen und verwendet werden. Alle Windows®-basierten Computer können MultiPoint-Anwendungen ausführen (microsoft.com/downloads).

Als eines der Programme der Gruppe „Unlimited Potential“ besteht das Ziel des MultiPoint-SDK darin, den Wert von Computern auf so viele Schüler wie möglich zu erweitern, und dazu benötigen wir Ihre Hilfe. Falls Sie eine Schulanwendung mit MultiPoint in Angriff nehmen möchten, würden wir gern von Ihnen hören. Links zu den besten eingereichten Projekten werden auf MultiPoint-Websites veröffentlicht.

Was künftige Pläne angeht, arbeiten Microsoft Research India und das Terminaldienste-Produktteam an einer weiteren Möglichkeit, einen PC freizugeben: einem geteilten Bildschirm, an dem zwei Personen mit zwei Tastaturen und zwei Mäusen gemeinsam einen PC und einen Monitor verwenden. Der Monitor ist dabei in der Mitte zweigeteilt, sodass auf jeder Seite eine separate Sitzung des Betriebssystems ausgeführt werden kann. 

Kentaro Toyama ist stellvertretender Direktor von „Microsoft Research India“ (research.microsoft.com/india) und Forschungsleiter der Gruppe „Technologie für Wachstumsmärkte“ (research.microsoft.com/research/tem), die Technologien für wirtschaftlich schwache Communities weltweit entwickelt.

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